Je früher, desto besser! Wirksame Bildungsinvestitionen!
Volker Kersting ist besonders interessiert an der Aussage „Je früher desto besser!“ Und an der Frage „Was behindert und erschwert den Erfolg von Lernen in der Schule im kleinräumigen Zusammenhang?“
Der Bildungserfolg der „I-Männchen“ in der Grundschule hängt davon ab, was in den Jahren vorher passiert ist. „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr“ weist in etwa darauf hin: Es gibt besonders sensitive Zeiträume für die Grundlagen des Lesen-, Schreiben- und Rechnenlernens. Volker Kersting verwendet hier Begriffe wie Sehvermögen, Sprache, emotionale Kontrolle … Diese Fähigkeiten sind die Voraussetzung für eine erfolgreiche Bildungslaufbahn.
Was hat die Entwicklung dieser Basics mit der Herkunft des Kindes zu tun?
Anhand der Mühlheimer Schuleingangsuntersuchungen haben die Bertelsmann-Stiftung und ZEFIR 2015 die Entwicklungsmerkmale von Kindern mit / ohne Solzialgeldbezug untersucht. Das eindeutige Ergebnis: „Sparen ist teuer“.
Und was haben „Sparen ist teuer“ und „Je früher desto besser“ mit Gelsenkirchen zu tun?
Volker Kersting hat es auf den Punkt gebracht: „Der Ertrag von Investitionen in Bildung ist in ersten Jahren besonders hoch. Vor allem – das zeigen die unterschiedlichen farbigen Linien – für Kinder aus schlechteren sozioökonomischen Verhältnissen. Es ist daher am effizientesten, in die frühe Bildung bei benachteiligten Kindern zu investieren. Die Abbildung macht deutlich: Effizienz und Gerechtigkeit müssen kein Widerspruch sein. Beides passt gut zusammen, besonders wenn es um die ersten Jahre geht“.
Gelsenkirchen ist die Hauptstadt der schwierigen Sozialdaten, gebeutelt von höchster Kinderarmut. Aus pädagogischer, lernpsychologischer und gesellschaftlicher Sicht ist das höchst alarmierend: Armutserfahrungen in der frühen Kindheit setzen den Teufelskreis oder Armutsspirale in Gang. Armut wird innerhalb der Sozialschicht, in der Familie von Generation zu Generation vererbt. (Grafik Entwicklungsmerkmale von Kindern und Sozialgeldbezug). Hier werden andere Begriffe mit gleicher Bedeutung verwendet wie oben: Deutschfähigkeit, Körperkoordination, Visuomotorik, Zahlenverständnis sind die Basics für den Lernerfolg unserer Kinder mit Armutserfahrung und Migrationshintergrund.
Was ist die Kernaussage der Grafik mit grüner und roter Verlaufskurve?
Ertrag von Bildungsinvestition weist auf erfolgreicheres Lernen zunächst in der Grundschule hin, und von dieser Altersstufe an geht es weiter zu gutem Verdienst, Beruf, Studium, … Bildungsinvestitionen in Kinder, die in benachteiligenden Lebensumständen leben, haben unstrittig auch volkswirtschaftlich eine hohe Rendite.
Das wäre der Anfang des vielgenannten Paradigmenwechsels: Es ist von Vorteil, die Kinder früh fördern als dann später, wenn sie in den Brunnen gefallen sind, oft erfolglose Reparaturmaßnahmen zu ergreifen.
Der Weg zu mehr Chancengleichheit, zur Verbesserung der Bildungschancen hängt ab von den Investitionen in die Vorschulbildung und Primarstufe… Oder politisch-emotional getextet: Er braucht viel Geld für den Kampf um die Verringerung des in Gelsenkirchen besonders hohen und als zementiert erscheinenden Anteils von Jugendlichen ohne Schulabschluss …
Worauf wollen wir hinaus mit „Das Gute-Kita-Gesetz“?
„Damit es jedes Kind packt.“ und „alle Kinder haben gute Chancen“ – das gefällt uns aus Sicht der Grundschulen natürlich ganz besonders. Die genannten 10 Handlungsfelder könnten dazu führen, dass der Gelsenkirchener Entwicklungsbegleiter, mehr Wirkungskraft entwickelt. DAS würde viel bewegen in Sache Schulreife.
Warum „könnten“ die 10 Handlungsfelder etwas bewegen, warum der Konjunktiv?
Schauen wir noch mal auf die beiden ersten Grafiken. Wenn es denn unstrittig ist, dass die soziale Herkunft auf die frühe Entwicklung des Gehirns tief einwirkt, dann braucht es für das Gegensteuern viel Personal.
Dieses Personal gibt es aber nicht! Es gibt einen riesigen Fachkräftemangel. Es fehlen nicht nur die Fachkräfte für die steigende Zahl der Kinder, für die in Rente gehenden ErzieherInnen – sondern auch für die im „“Gute-Kita-Gesetz“ angeführten Qualitätsverbesserungen.
Was sind die Auswirkungen für die Bemühungen der Stadt Gelsenkirchen, und damit für die Kinder?
… für die Kinder dieser Stadt, für ihre gesellschaftlichen Teilhabechancen bedeutet das . . .
… für die sozialräumliche Strategieentwicklung Gelsenkirchens bedeutet das . . .
… und mit Blick auf die Armutsspirale bedeutet das . . .
Nein – das müssen wir hier noch mal skandalisieren.
Gibt es Zusammenhänge zur Ratsresolution?
Das Problem des umfassenden Fachkräftemangels in den Sozial- und Erziehungsberufen wird in der Ratsresolution vom 23.5.2019 noch nicht genannt. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft wird sicherlich auf offene Ohren stoßen, hier nachzubessern.
Es liegen alle Daten vor. Dieses Mega-mega-Problem kann nicht anders benannt werden als NOTSTAND UND BILDUNGSKATASTROPHE.
Braucht es angesichts dieses Menetekels einen Strategiewechsel der Stadt Gelsenkirchen?
Ja – in Richtung Konnexitätsausführungsgesetz, im Zusammenhang mit dem Grundgesetzgesetzartikel 104 C. Das ist einen Versuch wert: Die Schuldenbremse wird zunehmend in Frage gestellt.
Gibt es denn nicht auch positive Entwicklungen?
Wir sind sehr erfreut, überrascht und erstaunt, was die Gelsenkirchener CDU, die NRW SPD, die SPD-Fraktion im Landtag, Die Grünen Fraktion im Landtag, Die Linke im Bundestag in den letzten Wochen zu Papier gebracht haben. Hier werden – in der Summe – die richtigen Forderungen für eine präventive Ausrichtung der Kinder- und Jugendhilfe sowie des Bildungssystems gestellt.
Und das wichtigste:
Es werden Aussagen zur Finanzierung gemacht.
Denn – aber dafür schaut / schauen Sie bitte auf das Titelblatt dieser Zeitung.
Martina Albretsen , Lothar Jacksteit, Alfons Kunze
Vorankündigung: Volker Kersting wird am 19.3.2020 auf unserer Veranstaltung über diese Zusammenhänge referieren. Um 18.00 Uhr DGB – Haus der Jugend, Gabelsberger Str. 12, 45879 GelsenkirchenVollständiger Text mit allen Grafiken als PDF zum Download.
http://masterplan-bildung.ruhr/wp-content/uploads/2019/12/GWE-168-Seite-20-22.pdf