„Wir sind hier – wir sind laut, weil man Gelsenkirchen die Zukunft verbaut … “

„In dir muss brennen, was Du in anderen entzünden willst“ – das wusste schon Augustinus. Doch was passiert, wenn das Brennen einem Ausbrennen gleicht? Wenn die Flammen drohen, Einen zu verschlingen – dann kann man Niemanden mehr entzünden, dann kann man nur noch versuchen zu löschen.

Diese bildliche Metapher lässt sich nach Ansicht der Fachgruppe sonderpädagogische Berufe sehr passend auf die Arbeits- und Lernsituation an Förderschulen und Schulen für Kranke in Gelsenkirchen, aber auch auf inklusive Settings an allgemeinbildenden Schulen übertragen.

An vielen Schulen besteht eine eklatante Unterversorgung mit sonderpädagogischen Lehrkräften. Dies führt dazu, dass die Schüler-Lehrerrelation über die Maßen hinaus strapaziert wird, notwendige Doppelbesetzungen (vor allem bei jüngeren Schülerinnen und Schülern im Bereich des schulischen Anfangsunterrichtes) ersatzlos entfallen und Stundentafelkürzungen vorgenommen werden müssen, damit ein geregelter Schulbetrieb überhaupt noch durchführbar ist. Solche Umstände fördern eine massive Berufsunzufriedenheit bei den unterrichtenden Lehrkräften, die wiederum häufig dazu führt, dass das subjektive Wohlbefinden der Lehrkräfte in Mitleidenschaft gezogen wird. Dies bedeutet, dass sich der Krankenstand an vielen Schulen weiter erhöht und Kolleginnen und Kollegen vor Ort einer noch höheren Arbeitsbelastung ausgesetzt sind, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, wann diese Überbelastung zu langfristigen gesundheitlichen Schädigungen führt.

Hinzu kommt eine Schülerschaft, die in einem hohen Maße durch ungünstige soziale Begleitumstände vermehrt belastet ist und deshalb besonderer Förderung und unterstützender Angebote bedürfte. Angebote und Förderungen, die oft nicht mehr nur durch Lehrkräfte gedeckt werden können, sondern durch Berufsgruppen aus dem Bereich der sozialen Arbeit additiv geleistet werden müssten.

Die oben beschriebenen Bedingungen führen jedoch dazu, dass Gelsenkirchener Lehrkräfte dem stetig steigenden Förder- und Erziehungsbedarf einer immer heterogener werdenden Schülerschaft nicht mehr im gewünschten Maße entsprechen können. Es wird also deutlich, dass auch die Schülerinnen und Schüler massiv unter der Lehrkräfteunterversorgung der Stadt leiden und noch leiden werden müssen.

Der Rat der Stadt Gelsenkirchen hat eine Resolution zur Lehrerversorgung an Gelsenkirchener Schulen verabschiedet. Das ist sicherlich ein erster guter Schritt in die richtige Richtung. Doch nun müssen dieser Resolution weitreichende Taten durch Land und Bund folgen.

Die Fachgruppe sonderpädagogische Berufe der GEW in Gelsenkirchen unterstützt in jeglicher Hinsicht die Aufforderung des Stadtverbandes der GEW Gelsenkirchen an den Rat der Stadt Gelsenkirchen, den Bildungsnotstand mit all den damit verbundenen Konsequenzen auszurufen. Die Problematik duldet keinen Aufschub!

Die Gelsenkirchener Lehrerschaft an Förderschulen, im Gemeinsamen Lernen und allgemein auch an allen anderen Schulformen bedarf jetzt der Fürsorge durch das Land Nordrhein-Westfalen. Es darf nicht passieren, dass tatenlos dabei zugeschaut wird, wie eine ganze Stadt in katastrophale Bildungsumstände abgleitet und somit unsere nachfolgende Generation in eine absehbare Notlage gerät. Forderungen, Lehrkräften in Brennpunktregionen Stellenzulagen zukommen zu lassen oder vorübergehende Änderungen am Lehrereinstellungsverfahren vorzunehmen, müssen zeitnah umgesetzt werden, um eine Eskalation zu verhindern.

Ein Nichthandeln würde einer „untersagten Hilfeleistung“ nahe kommen!

Christina Tönges

 

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