Kindertagesstätten


Recherche und Text  Stand 15.12.2020:

Die Kindertagesbetreuung steht vor enormen Anforderungen.

Das ist paradox:
Obwohl bei der Anzahl der Beschäftigten ein enormes Wachstum stattfindet, herrscht Fachkräftemangel.
Die Rekrutierungssituation im Beruf der Erzieherin/des Erziehers ist höchst angespannt. Nach Angaben von Arbeitgebern stellt sich jede zweite Neueinstellung im Erzieherbereich als schwierig dar. Es gibt einfach eine zu geringe Bewerberzahl.
Der Mangel an Erzieherinnen und Erziehern ist so gravierend, dass

  1. mehr als 90 Prozent der Kitas zu wenig Personal haben, um eine hohe Betreuungsqualität  aufrechtzuerhalten,
  2. Eltern alljährlich in „Platzangst“ sind wegen großer Lücken in der wohnortnahen Versorgung für Kindergartenkinder und unter Dreijährige ,
  3. es in der LHM an Personal fehlt zur Umsetzung der hoch ambitionierten Münchner Förderformel ,
  4. es in Bayern in 2/3 aller „Fälle“ an Personal fehlt für kindgerechte Personalschlüssel und Gruppengrößen                                                                 

Quelle: Bertelsmann Stiftung Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme 2020

 

Schwache Grundlage für hohe Erwartungen

Mit dem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung  und dem Gute-Kita-Gesetz sind Gesetze verabschiedet, ohne dass es dafür das entsprechene Personal gab, gibt und auch nicht geben wird.

Seit 2013 gibt es für unter Dreijährige den  Rechtsanspruch auf Kindertreuung. Trotzdem fehlen Eltern und Kindern aktuell fast 350.000 Plätze.

Unter Dreijährige in öffentlich geförderter Betreuung in Deutschland

 

Die Schere zwischen dem Bedarf an Personal und dem Personal, welches „auf dem Markt ist“, klafft gigantisch auseinander. Bis zum Jahr 2025 werden in Krippen, KiTas und in der Grundschulbetreuung bis zu 329.000 zusätzliche pädagogische Fachkrafte gebraucht.

Die Grafik zeigt nach einer Hochrechnung für Deutschland den Personalbedarf und die erwartbare Personaldeckung in der Kindertages- und Grundschulbetreuung bis zum Jahr 2025.

Quelle der Grafik
Damit nicht genug: Aufgrund schwieriger Arbeitsbedingungen und fehlender Karrierechancen verlassen 25% der Fachkräfte das Arbeitsfeld schon in den ersten fünf Jahren.

Zusammenfassung:
Es fehlt an Personal, an Professionalisierungsansprüchen festzuhalten.
Es fehlt an Personal, die KiTa als pädagogische Institution weiter zu entwickeln.
Es fehlt an Personal für Strukturveränderungen.

Es fehlt an Personal für einen „Qualitätsausbau“:
Nach Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung fehlen dafür in Bayern
– 4626 Vollzeitstellen für die Leitungsfreistellung
– 2081 Vollzeitstellen für kindgerechten   Personalschlüssel ab 3 Jahren und
– 5133 Vollzeitstellen für kindgerechten Personalschlüssel bis 3 Jahre

Das Bundesprogramm Fachkräfteoffensive Erzieherinnen/Erzieher will den Beruf bis 2030 allgemein attraktiver machen. Als Schlüsselmaßnahmen zur Reduzierung der Belastungen und Beanspruchungen am Arbeitsplatz werden u.a. genannt

  • eine gute Personalausstattung, mit der auch Urlaube und krankheitsbedingte Abwesenheiten aufgefangen werden können,
  • eine angemessene Fachkraft-Kind-Relation, die sowohl die direkte als auch die indirekte Betreuungszeit (z. B. für Elterngespräche) berücksichtigt.

Das ist aber nur ein erster Schritt in die richtige Richtung! Mit weiterer Flickschusterei lässt sich der Fachkräftemangel nicht überwinden. Hochglanzbroschüren und Sonntagsreden helfen nicht weiter. Echte Attraktivitätssteigerung unseres Berufes  wird nur gelingen mit einer Aufwertung der Sozial- und Erziehungsberufe.

Politik und Gesellschaft wollen, dass Kinder nicht nur betreut werden. Wir sollen den Kindern Bildung angedeihen lassen. Das erfordert Rahmenbedingungen, wie sie im Bundesqualitätsgesetz für die Kindertagesbetreuung genannt sind. Wir fordern Arbeitsbedingungen und Gesundheits- und Arbeitssschutzmaßnahmen, die das Arbeiten bis zur Rente ermöglichen.

Arbeitsschutz für Beschäftigte an Kitas verbessern


 

Forschungsverbund tu + DJI
Plätze. Personal.Finanzen.
Bedarfsorientierte Vorausberechnungen für Kindertages- und Grundschulbetreuung  bis 2030
– Deutsches Jugendinstitut
   Kurztext
– Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik
   Kurztext
– Süddeutsche Zeitung
   Viele Familien werden leer ausgehen
   Burn-out-Risiko in der Kita

Christiane Meiner-Teubner / Forschungsverbund DJI/TU Dortmund
U-3 Ausbau geht weniger voran als notwendig – warum?

 

Landeshauptstadt München / Referat für Bildung und Sport
Wohnortnahe Versorgung für Kindergartenkinder
Wohnortnahe Versorgung unter Dreijährige 

 

„Bis zu 329.000 zusätzliche pädagogische Fachkräfte werden in Krippen, Kindergärten und in der Grundschulbetreuung bis zum Jahr 2025 zusätzlich gebraucht – wird der Geburtenanstieg, die Zuwanderung, nicht erfüllte Elternwünsche und ein verbesserter Personalschlüssel zugrunde gelegt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Forschungsverbunds DJI/TU Dortmund. … Im gleichen Zeitraum münden voraussichtlich etwa 274.000 einschlägig ausgebildete Nachwuchskräfte in das Arbeitsfeld ein. Sie können lediglich die ausscheidenden Fachkräfte ersetzen sowie den Mehrbedarf aufgrund von Geburtenanstieg und Zuwanderung auffangen. Für einen weiteren Ausbau von Betreuungsplätzen sowie Qualitätsverbesserungen fehlen dann noch etwa 309.000 Kita-Fachkräfte, 15.000 Tagespflegepersonen sowie 5.000 Stellen in der Ganztagsschule.“

 

Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme 2020 | Key Facts Bayern 
– 66,5%  der Kinder  sind in Gruppen mit einem nicht kindgerechten Personalschlüssel
– 64,5% der Gruppen haben eine nicht kindgerechten Gruppengröße

Um den empfohlenen Personalschlüssel abzudecken, fehlen
– 5.133 Personen in der Krippe
– 2.081Personen im Kindergarten

 

Dr. Christiane Meiner-Teubner zu den Kita-Zahlen 2020
Anlässlich neuer Daten der KJH-Statistik zu der Kindertagesbetreuung hat das DJI ein Interview mit Frau Meiner-Teubner von der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik durchgeführt.

DJI-Direktor Thomas Rauschenbach  über steigenden Bedarf an Betreuungsplätzen und Kita Personal
„Obwohl in Deutschland in einem enormen Kraftakt seit 2006 mehr als 670.000 neue Plätze in Kitas und Tagespflege für Kinder bis zur Einschulung geschaffen wurden, ist die Schere zwischen Angebot und Nachfrage weiter auseinandergegangen.“

Prof. Dr. Stefan Sell
Unter- und Fehlfinanzierung frühkindlicher Bildung und Betreuung in der föderalen Finanzierungsblockade

 

 

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
Rekrutierungssituation im Beruf der Erzieherin/des Erziehers

Allensbach – Studie
Erziehen als Beruf – Wahrnehmungen der Bevölkerung zum Berufsfeld Erzieherin/Erzieher

PROGNOS
ZUKUNFTSSZENARIEN – FACHKRÄFTE IN DER FRÜHEN BILDUNG GEWINNEN UND BINDEN
Aufgrund schwieriger Arbeitsbedingungen und fehlender Karrierechancen verlassen viele Fachkräfte das Arbeitsfeld schon in den ersten fünf Jahren. Um den Erzieherin-/Erzieherberuf bis 2030 allgemein attraktiver zu machen, schlagen die Prognos-Experten  Ansätze vor:
1. Verbesserung der Ausbildungsbedingungen durch Vergütung der Ausbildungszeit
2. angemessene Bezahlung bzw. tarifliche Eingruppierung
3. anschlussfähige Weiterentwicklungs- und Karrieremöglichkeiten
2. Steigerung der Attraktivität des Berufsfeldes
3. öffentlichkeitswirksame Aufwertung des Berufsimages
Der zweite Ansatz zielt auf die Veränderung negativer Bedingungen, die einen Verbleib in der Ausbildung oder im Beruf gefährden. Dazu gehören u. a. Befristungen, eine hohe Arbeitsbelastung und fehlende Alternativen zur Teilzeitbeschäftigung, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen. Eine gute Personalausstattung der jeweiligen Kinder-betreuungseinrichtung, mit der auch Urlaube und krankheitsbedingte Abwesenheiten aufgefangen werden können, sowie eine angemessene Fachkraft-Kind-Relation, die sowohl die direkte als auch die indirekte Betreuungszeit (z. B. für Elterngespräche) berücksich-tigt, sind Schlüsselmaßnahmen, um die Belastungen und Beanspruchungen der Erzie-her*innen zu reduzieren.
„Eine hohe Qualität der Bildungs- und Betreuungsarbeit trägt zu einer höheren Anerkennung des Berufes bei und steigert die Zufriedenheit der Erzieher*innen mit der eigenen Tätigkeit in der Frühen Bildung“.
Volltext (18 Seiten)

Daten zu Kindertageseinrichtungen
stadtweiter Versorgungsgrad für
0 bis 3-Jährige: 46 %
1 bis 3-Jährige: 63 %
3 bis 6-Jährige:  93 %.