Lothar Jacksteit: Auf ein Wort! – GE W 168
Liebe Kolleginnen und Kollegen
Oft sitzen wir nach 3 bis 4 Unterrichtsstunden völlig erschöpft im Lehrerzimmer. Anschließende Elterngespräche, Konferenzen … werden wie in Trance erlebt. Der Druck ist riesig.
Viele gehen auch noch krank zur Arbeit.
Das kann und muss anders werden:
Wir brauchen multiprofessionelle Teams mit SonderpädagogInnen, SozialarbeiterInnen, … Die Liste ist lang und lässt sich fortsetzen.
Wir brauchen viel mehr Unterstützung und Wertschätzung für unseren schönen, verantwortungsvollen, oft aufreibenden Beruf..
Unsere Personalversammlungen unterbreiten seit Jahren laufend und oft vergeblich Vorschläge, „den Druck aus dem Kessel zu nehmen“. Vielleicht kommt jetzt Bewegung in die Sache. Endlich hat der Rat unserer Stadt im Mai die „Resolution zur Lehrerversorgung an Gelsenkirchener Schulen“ verabschiedet. Angesichts des dräuenden Fachkräftemangels, angesichts der Unterfinanzierung des Bildungssystems kann das nur der Anfang gewesen sein.
Darum forderte die GEW „ein dringliches Zeichen vom Rat der Stadt: Rufen Sie den Bildungsnotstand aus!“
Stadträtin Berg hält unsere „Wortwahl weder für verhältnismäßig noch für zielführend“. Es entstehe der „falsche Eindruck eines an allen Stellen des Bildungsbereichs existierender Notstand“.
Doch die Resolution des Rates werde „nicht ungehört bleiben und weitere Verbesserungen für die Schulen dieser Stadt bringen“.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir sagen nur was ist, bleiben bei der bedächtig und fundiert getroffenen Wortwahl „Bildungsnotstand“.
- Wie soll man das, was ist, denn anders nennen, wenn
- der Arbeitsmarkt für Lehrkräfte und ErziehrInnen leergefegt ist
- sich der Investitionsrückstand in Schulen, Kindertagesstätten … auf circa 50 Milliarden Euro angestaut hat
- die strukturellen Rahmenbedingungen im System der Kinder- und Jugendhilfe eine professionelle sozialpädagogische Arbeit behindern
- den Städten das Personal fehlt, dringend notwendige Baumaßnahmen umzusetzen – für welche ja das Geld bereit liegt
- etc
- Julia Emmerich nennt das, im Hinblick auf den Lehrkräftemangel eine „Katastrophe mit Ansage“, die ohne entschiedenes Gegensteuern zur „nationalen Bildungskatastrophe“ werde (WAZ, 10.09.2019).
Die Bewältigung des Bildungsnotstands ist eine Herkulesaufgabe.
Als Gelsenkirchener erscheint mir bei „Herkules“ die Figur auf dem Turm der ehemaligen Zeche der Nordstern vor Augen. Das Werk von Prof. Markus Lüppertz dieses Bild sagt mehr als 1000 Worte: Dieser einarmige Held aus der griechischen Sagenwelt wird garantiert kein Großprojekt wie die Grundsanierung des Bildungssystems mehr stemmen.
Gelsenkirchen ist die Hauptstadt der schwierigen Sozialdaten. Und es muss Schluss damit sein, das weiter schöner zu reden als es ist.
Mit Blick auf die Kinder, und gerade die, welche seit Anfang dieses Jahrzehntes geboren sind, haben fast alle Stadtteile einen besonderen Erneuerungsbedarf.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, werfen Sie/ werft einen Blick auf die Zeitleiste: Die politisch Handelnden unserer Stadt, im Ruhrgebiet, haben in den letzten Jahrzehnten viel angefangen
Doch wie sieht es im Ergebnis aus? Im Klartext-Verlag ist 2012 das Buch „Ein realistischer Blick auf das Ruhrgebiet – Viel erreicht, wenig gewonnen“ erschienen.
Dem ist, in Sachen „nachhaltige und strukturelle Änderungen“ nichts hinzu zu fügen.
„Lernen ist Zukunft – Bildungsbiografien gemeinsam gestalten“ lautet der Titel des 1. Bildungsberichts aus dem Jahr 2011.
Kämpfen Sie/ Kämpft zusammen mit der GEW dafür, dass diese Zukunft endlich beginnt!
Unser Ziel: Menschen und Institutionen stärken, die Kindern helfen können, die Armutssituation durch Förderung und Bildung zu überwinden!
Ohne Moos, Kinder chancenlooos.
Es ist Zeit für die Politik unserer Stadt – für den Rat, für unsere Landtags- und Bundestagsabgeordneten – dafür in die Offensive zu gehen!
Auch unsere Stadtverbandszeitung geht in ein neues Jahrzehnt!
Seien Sie/ Seid mit uns gespannt auf das neue Format!
Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins Neue Jahr!
Glück auf! Euer/ Ihr
Lothar Jacksteit
Text als PDF:
http://masterplan-bildung.ruhr/wp-content/uploads/2019/12/GWE-168-Seite-3.pdf